11.06.2013 - 177-2013
Étape:Propositions cantonales

Synergien beim Software-Einsatz im Kanton Bern nutzen Wir fordern vom Regierungsrat folgende Massnahmen:

1. Das Amt für Informatik und Organisation des Kantons Bern (KAIO) und die Bedag Informatik AG (im Besitz des Kantons Bern) sollen im Informatikbereich vermehrt mit anderen Behörden im Rahmen von Open-Source-Projekten zusammenarbeiten.

2. Eigene Entwicklungen, bei denen der Kanton Bern das Urheberrecht besitzt, sollen wo sinnvoll als Open-Source-Software freigegeben werden, damit andere Behörden die Software einsetzen und die Weiterentwicklungskosten geteilt werden können.

3. Bei jedem neuen Informatikprojekt haben die Verantwortlichen aufzuzeigen, welche Open-Source-Alternativen bei der Beschaffung geprüft wurden. Wenn keine eingeplant ist, muss dies begründet werden.

4. Bei jeder neuen oder zu überarbeitenden Fachanwendung ist entweder eine Freigabe unter einer Open-Source-Lizenz vorzusehen oder es ist aufzuzeigen, warum diese nicht als Open-Source freigegeben wird.

5. Bei sogenannten «Closed Communities» (Software-Weiterentwicklung wird intern zwischen Verwaltungen mittels Verträgen geteilt, z. B. bei Registerlösung GERES der Bedag) sollen die zuständigen Behörden aufzeigen, ob sich der juristische und administrative Aufwand gegenüber einer Freigabe unter einer Open-Source-Lizenz tatsächlich lohnt.

6. Der Kanton Bern soll sich aktiv in bestehende und neue Open-Source-Entwicklungen von Fachapplikationen und den entsprechenden Gremien (Vereinen) einbringen, um einen höchstmöglichen Nutzen aus den vorhandenen Ressourcen zu erzielen.

Begründung:

Der Kanton Bern bezahlt pro Jahr rund 200 Millionen Franken für seine Informatikversorgung. Diese wird zurzeit aufgrund der Motion «Unabhängige Prüfung der Informatik im Kanton Bern» vom 31.10.2012 von Blaise Kropf untersucht. Nicht berücksichtigt wird darin die Schaffung von Synergien mit anderen Verwaltungsstellen durch Wiederverwendung von Software-Lösungen.

Gesamtschweizerisch gesehen geben Bund, Kantone und Gemeinden jährlich rund 3 Milliarden Franken für die öffentliche Informatik aus. Ein Grossteil dieser Ausgaben könnte vermieden werden, wenn Behörden bei Entwicklung und Wartung von Software besser zusammenarbeiten würden. Open-Source-Software bietet die Möglichkeit, nicht nur bestehende Software kostengünstig zu nutzen, sondern auch bestimmte Fachanwendungen gemeinsam mit anderen öffentlichen Stellen zu entwickeln. Aus diesem Grund nennt die E-Government-Strategie Schweiz den Grundsatz «einmal entwickeln, mehrfach verwenden», der mittels dem Open-Source-Entwicklungs- und Lizenzmodell bestens umzusetzen ist.

So kann der Kanton Bern beispielsweise die Open-Source-Gerichtspublikationssoftware OpenJustitia des Schweizerischen Bundesgerichts wiederverwenden und spart dabei substantielle, wiederkehrende Lizenzkosten. Gleichzeitig kann der Kanton Bern seine Weiterentwicklungen von OpenJustitia wiederum anderen Nutzern aus der öffentlichen Hand weitergeben. Auch innovative Unternehmen profitieren: Die unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlichte Software ermöglicht den freien Wettbewerb zwischen Informatikunternehmen, die Dienstleistungen (Beratung, Einführung, Wartung, Schulung, Weiterentwicklung usw.) für die Open-Source-Produkte anbieten. Damit sinkt die Abhängigkeit der Verwaltung gegenüber einzelner IT-Firmen, Innovation und lokale Wertschöpfung werden gestärkt.

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich dadurch bedeutend mehr und auch viele lokale Firmen am Wettbewerb beteiligen. Ein Beispiel ist OneGov GEVER3 (E-Government-Lösung zur Geschäftsverwaltung), die eine Berner Firma für den Kanton Zug entwickelt hat, nun unter einer Open-Source-Lizenz allen Behörden zur Verfügung steht und u. a. in der Stadt Bern eingesetzt wird.

Oder auch CAMAC4 (Software für Baubewilligungsverfahren des Kantons Waadt) ist heute im Einsatz bei den Kantonen Uri, Tessin und Neuenburg. Mehrere Informatikunternehmen, unter anderem auch eine in Bern ansässige Firma, bieten Integrationsleistungen für das OpenSource-Produkt an.