Nutzung anonymisierter persönlicher Daten im öffentlichen Interesse. Prüfung der Machbarkeit einer freiwilligen Datenspende
Dieser Antrag wurde eingereicht von:
Judith Bellaiche
Nationalrätin
Eingereicht am: 17.06.2020
03.11.2020 - 20.3700
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Im Rat noch nicht behandelt
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament Lösungsansätze vorzulegen, wie die Bereitstellung persönlicher Daten auf anonymer Basis (Datenspende) zur Nutzung im öffentlichen Interesse, insbesondere für die Forschung im Gesundheitswesen, gefördert werden kann.
Begründung:
Die Corona Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie essentiell Daten in Krisensituationen sind. Um Szenarien gesundheitlicher Gefährdungen und medizinische Ressourcen richtig einzuschätzen, aber auch um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Krise besser zu verstehen und bewältigen zu können, sind Daten eine unentbehrliche Grundlage. Anonymisierte Angaben auf grosser Skala spielen bei der Massnahmenplanung eine entscheidende Rolle.
Mit dieser Erkenntnis ist der Zeitpunkt gekommen, sich konzeptionell mit der freiwilligen Datenspende, geeigneten Spendengefässen, deren Trägerschaft und Ausgestaltung auseinander zu setzen, um der Forschung und Wissenschaft solide Grundlagen zu liefern. Mehrere Studien und Pilotprojekte haben gezeigt, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung während der Corona Pandemie bereit war, ihre Daten zur Verfügung zu stellen (1).
Für das Konzept der Datenspende dürfen Daten ausschliesslich freiwillig und anonymisiert erfasst werden. Die Privatsphäre des Einzelnen muss gemäss dem Stand der Technik gewahrt bleiben. Folgende Prinzipien sollten für die Ausarbeitung der Lösungsansätze berücksichtigt werden:
1. Die Infrastruktur für die Erfassung, Speicherung, Verwendung und eventuelle Weitergabe der gespendeten Daten muss dem Spender die Kontrolle über seine Daten ermöglichen (Datensouveränität)
2. Die persönliche Einwilligung in die einzelne Datenspende muss gewahrt bleiben, beispielsweise anhand eines kaskadisch strukturierten Einwilligungsmodell (2)
3. Die Nutzung der gespendeten Daten beschränkt sich auf nicht-kommerzielle Zwecke, dient dem öffentlichen Interesse und muss transparent und klar beschrieben sein
4. Ein gemischtes Gremium einschliesslich Fachpersonen aus der Ethik entscheidet im Einzelfall über die Nutzung der vorhandenen Daten
(1) Sotomo Studie vom 25. Mai 2020 im Auftrag des BAG zur Tracing-App des Bundes führt aus, dass sich keine generelle Skepsis gegen jegliche Weiterverwendung der erhobenen Daten zeigt, sondern 73 Prozent der Befragten zur Weitergabe ihrer gesammelten, persönlichen Daten in anonymisierter Form an die Wissenschaft bereit sind, sofern es der Eindämmung des Coronavirus dient.
(2) Infobrief Nr 18 des Deutschen Ethikrats vom Januar 2018
Stellungnahme des Bundesrates vom 02.0.2020:
Die Bereitstellung persönlicher, gesundheitsrelevanter Daten für eine mehrfache Nutzung ist im Sinne der Stossrichtung „Förderung der Digitalisierung und Nutzung der Daten“ der bundesrätlichen Strategie Gesundheit 2030. Im Rahmen der Arbeiten in Erfüllung des Postulats 15.4225 Humbel „Bessere Nutzung von Gesundheitsdaten für eine qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung“ werden Lösungsansätze ausgearbeitet, die unter anderem die Frage einer Datenspende berücksichtigen. Dabei sollen auch die dazu notwendigen Rahmenbedingungen vertieft geprüft werden. Der Bundesrat ist der Meinung, dass mit diesen Arbeiten dem Anliegen des Postulats bereits Rechnung getragen wird.
Antrag des Bundesrates vom 02.09.2020:
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.