Einführung des „right to use“. Freier Zugang zu Hard- und Software als Hebel für eine nachhaltige Nutzung elektronischer Geräte
Dieser Antrag wurde eingereicht von:
Balthasar Glättli
Nationalrat
Eingereicht am: 16.06.2022
16.06.2022 - 22.3764
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Im Rat noch nicht behandelt
Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen für ein „Right to use“ zu schaffen. Eigentümerinnen und Eigentümern ist der freie Zugang zu Hardware und Software ihrer gekauften Geräte zu gewährleisten, damit eine nachhaltige Nutzung elektronischer Geräte möglich wird. Dies umfasst verbindliche Standards für die Interoperabilität elektronischer Geräte, das Recht auf die freie Wahl von Betriebssystemen, Software und Anbietern von Onlinediensten für alle Geräte sowie die Pflicht zur Offenlegung der Quellcodes von Treibern, Tools und der Dokumentation notwendiger Schnittstellen.
BEGRÜNDUNG
Die Digitalisierung kann zur Wegwerfgesellschaft beitragen und so zum Brandbeschleuniger der Klimakrise werden. Oder sie kann helfen, Geräte über den ursprünglichen Nutzungszweck hinaus produktiv zu nutzen. Dafür muss aber die Lebensdauer elektronischer Geräte verlängert werden. Nebst einem ökologischen, reparaturfreundlichen Hardware-Design stellen freie Softwaresysteme und – dienste den wichtigsten Hebel dar: Wer Geräte länger benutzen oder deren Hardware auf kreative Weise wiederverwenden möchten, wird heutzutage durch eine Vielzahl an Barrieren daran gehindert. Die Einschränkungen reichen vom Sperren der Hardware über technische Barrieren durch die Verwendung proprietärer Software bis hin zu rechtlichen Einschränkungen durch Softwarelizenzen und Nutzungsvereinbarungen. So verhindern Hersteller den Zugriff auf ältere Geräte und damit deren Weiter- oder Wiederverwendung. Indem die Kund:innen auf ihren eigenen Geräten nicht die Software installieren können, die sie möchten, besitzen sie diese letztlich auch nach dem Kauf nicht vollumfänglich. Die erwähnten Software-Barrieren verhindern somit einerseits die Reparierfähigkeit der Geräte („Right to Repair“) und unterhöhlen andererseits die Eigentumsrechte („Right to use“).
Eine nachhaltige Nutzung elektronischer Geräte setzt daher voraus, die erwähnten Software-Barrieren zu beseitigen und die volle Verfügungsgewalt der Eigentümerinnen über ihre Geräte herzustellen durch ein umfassendes „right to use“. Die freie Wahl von Betriebssystemen, Software und Anbietern von Online-Diensten muss ebenso gewährleistet werden wie die Interoperabilität der Geräte und deren Kompatibilität unter offenen Standards sowie die umfassende Offenlegung von Treibern und Tools unter freien Lizenzen und der Dokumentation von Schnittstellen. Der Bundesrat wird beauftragt, dafür die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen.
STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 24.08.2022
Der Bundesrat will die Kreislaufwirtschaft fördern. Die Verlängerung der Produktlebensdauer zur Schonung der natürlichen Ressourcen ist ein zentraler Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Der freie Zugang zu Hard- und Software ist dabei ein erfolgsversprechender Ansatz.
Aktuell gibt es in der EU keine regulatorischen Bestrebungen bezüglich eines „Rechts zur Nutzung“. Ein Alleingang der Schweiz ist nicht zielführend. Die positiven Auswirkungen auf die Umwelt wären klein bis fraglich, da sich Hersteller am grösseren EU-Markt und an den dort vorherrschenden EU-Regulierungen orientieren und folglich ihre Produkte weiterhin gemäss den Anforderungen der EU herstellen. Dadurch könnten die Preise für Informations- und Kommunikationstechnik in der Schweiz möglicherweise ansteigen oder gewisse Produkte aus dem Schweizer Markt gar verschwinden.
Die Richtlinie 2019/771/EU vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs führt in der EU eine Aktualisierungspflicht für digitale Elemente von Waren ein. Die möglichen Auswirkungen einer Übernahme dieser Richtlinie – gerade auch mit Fokus auf Umweltaspekte – werden aktuell in einer Gesamtanalyse zur Modernisierung des Gewährleistungsrechts geprüft.
ANTRAG DES BUNDESRATES VOM 24.08.2022
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.