Rückblick: Virtuelles Open Hearing zur schweizweiten Betreibungsregisterauskunft (BRA CH)
Themen: Allgemein, E-ID, Events, Juristisches, Open Hearing
Wie kann das Betreibungswesen modernisiert und digitalisiert werden? Welche Anpassungen sind geplant? Und wie können diese am effizientesten umgesetzt werden?
Die Aufzeichnung des Open Hearings ist über die Plattform BigBlueButton abrufbar.
Parldigi Open Hearing BRA CH Gesamtpräsentation (PDF)
Diese Fragen und mehr wurden im Rahmen eines einstündigen virtuellen Open Hearings zur neuen, schweizweiten Betreibungsregisterauskunft (Projekt BRA CH) diskutiert. Das Hearing fand im Kontext der Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (SchKG) statt. Dabei wurden das Projekt BRA CH sowie die dafür notwendigen Anpassungen des SchKG vorgestellt. Auch die Positionen der Wirtschaft wurden erläutert und politische Aspekte beleuchtet.
Am Montag, 21. Oktober 2024, nahmen rund 30 Interessierte aus der Politik, Wirtschaft und Verwaltung am virtuellen Austausch teil. Parldigi Co-Präsidentin Min Li Marti eröffnete die Veranstaltung und sprach über die bisherigen politischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem schweizweiten Betreibungsregisterauszug. Sie stellte dabei unter anderem die Frage, ob und wie eine Beschleunigung des Prozesses erreicht werden kann. Zudem berichtete sie, dass der Bundesrat die Lancierung und Initialisierung des Projekts unterstütze. Es sei jedoch noch unklar, ob die bisherigen Grundlagen und Vorarbeiten ausreichend seien, um eine effiziente Umsetzung zu gewährleisten. Innerhalb der Kommissionen gäbe es unterschiedliche Einschätzungen, ob eine Gesetzesänderung den Prozess beschleunigen oder verlangsamen würde.
Projekt BRA CH: Ein Überblick
David Habegger, Projektleiter von BRA CH, erläuterte die Ausgangslage und den Funktionsumfang des Projekts. Ein Jahr nach der Machbarkeitsstudie wurde im Jahr 2024 die Initialisierungsphase erfolgreich abgeschlossen. Aber warum braucht es überhaupt eine schweizweite Betreibungsregisterauskunft?
Die Gründe hierfür sind vielfältig:
- Eine eindeutige Identifikationsnummer (z.B. AHVN oder UID) zur besseren Datenzusammenführung
- Eindämmung von Missbrauch durch Mietnomaden oder Konkursreiter
- Vereinheitlichung der 361 Betreibungskreise
- Technologien zur Bekämpfung von Dokumentenfälschungen (Papier und PDF)
Habegger betonte auch die wichtige Wechselwirkung zwischen dem BRA CH und der E-ID. Die E-ID sei für die digitale Identifikation und Automatisierung entscheidend. Andererseits profitiert die E-ID von der Integration in möglichst viele Anwendungen mit einer breiten Nutzerbasis.
Vorgeschlagene Gesetzesänderungen
Yves de Mestral, Mitglied des Zentralvorstandes der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz, erläuterte die Perspektive der Auftraggeber und sprach über die geplanten Gesetzesänderungen im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht. Fünf wesentliche Anpassungen sind vorgesehen:
- Systematische Verwendung der AHVN / UID in Amtsregistern
- Klärung der Zuständigkeit bei fehlerhaften Einträgen
- Einsichtsrechte
- Betrieb einer zentralen Datenbank und Regelungen zum Datenaustausch
- Einführung der schweizweiten Betreibungsregisterauskunft
De Mestral sieht in diesen Änderungen vor allem eine Verbesserung der Verwaltungseffizienz, der Datenqualität und -aussagekraft sowie eine Optimierung des Service Public. Zudem sollen die Massnahmen präventiv wirken und Dokumentenfälschungen verhindern.
Stimmen aus der Wirtschaft
Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft und Verbände hatten ebenfalls die Gelegenheit, ihre Meinung zu äussern:
- Gérald Strub, Vorstand des Schweizerischen Gemeindeverbandes (SGV)
- Katja Stieghorst, Juristin beim Hauseigentümerverband (HEV Schweiz):
Der HEV Schweiz unterstützt die Bemühungen, die Aussagekraft der Betreibungsregisterauszüge zum Schutz der Gläubiger zu stärken. Der Verband setzt sich dafür ein, dass die Betreibungsregisterauszüge zukünftig Auskunft über Betreibungen in der ganzen Schweiz abbilden und nicht nur wie heute aus einen einzelnen Betreibungskreis.
- Raoul Egeli, Präsident des Schweizerischen Verbands Creditreform (SVC):
Egeli stellte fest, dass die Machbarkeitsstudie die Durchführbarkeit bestätigt habe, kritisierte jedoch, dass die grundlegende Frage, „Was will man überhaupt mit der Betreibungsauskunft erreichen?“, noch nicht ausreichend geklärt sei. Es gäbe noch viele offene politische Fragen wie Datenschutz, gesetzliche Anpassungen und die Position der Betreibungsämter. Eine politische Einigung und klare gesetzliche Grundlagen seien notwendig.
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