Themen: Bundesverwaltung, Forschung, Medienmitteilung, Microsoft, Open Source, Vorstoss


christianwasserfallen edithgraflitscherZwei neue Postulate des Co-Präsidiums der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit fordern einen Bericht des Bundesrats über die heutige Situation zu Open Source Software in der Schweiz.

Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP, Kt. Thurgau) erwartet eine Auswertung über die 2005 verabschiedete Open Source Strategie der Bundesverwaltung, Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP, Kt. Bern) verlangt eine Studie über den gesamtwirtschaftlichen Einfluss von Open Source Software in der Schweiz:

Postulat Edith Graf-Litscher: Standortbestimmung und Ausblick Open Source in der Bundesverwaltung

Das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) hat 2005 die Teilstrategie Open Source Software (OSS) Bund vorgegeben. Ich bitte den Bundesrat in einem Bericht folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wird die 2005 vorgegebene strategische Stossrichtung heute erreicht, teilweise erreicht oder nicht erreicht?
  2. Welche der im Aktionsplan aufgeführten Umsetzungsprojekte wurden realisiert?
  3. In welchen Bereichen der Bundesinformatik gibt es heute insbesondere bezüglich Gleichbehandlung und Potentialnutzung von OSS Handlungsbedarf?
  4. Wo wird heute in der Bundesverwaltung OSS eingesetzt? Wo bestehen Alternativen auf dem Markt, die proprietäre Produkte ablösen könnten?
  5. Wie viel bezahlt die Bundesverwaltung pro Jahr an die 10 Anbieter von Software-Lizenzen und Software-Wartung mit dem grössten Volumen?
  6. Wie arbeitet der Bund intern sowie mit den Kantonen und anderen öffentlichen Stellen diesbezüglich zusammen? Wie kann die Zusammenarbeit optimiert werden?
  7. Wie könnte eine Schweiz-weite Open Source Strategie der öffentlichen Verwaltung entwickelt werden?

Die 2005 veröffentlichte Open Source Strategie der Bundesverwaltung enthält zahlreiche Massnahmen, wie eine Gleichbehandlung hergestellt werden kann. Allerdings wurden die damals genannten Massnahmen nur bruchstückhaft umgesetzt. So beschaffen heute Verwaltungen meist proprietäre Software. Mittels Enterprise Agreements und anderen Wartungsverträgen können die IT-Konzerne heute mühelos grosse Software-Lösungen ohne öffentliche Ausschreibung einführen. Auch stehen bei den Software-Standards für die Bundesverwaltung fast ausschliesslich proprietäre Produkte zur Auswahl (rund 90%) obwohl es in den meisten Software-Kategorien unterdessen ebenbürtige Open Source Alternativen gibt. Des Weiteren wird die Interoperabilität mit offenen Dokumentenformaten wie dem Open Document Format (ODF) oft vernachlässigt, sodass die Bevölkerung gezwungen wird Microsoft Office Produkte zu beschaffen um Behördenformulare bearbeiten zu können. In der IKT-Strategie der Bundesverwaltung 2012 – 2015 ist festgehalten: „Wenn es das Geschäft oder die Geschäftsprozesse erfordern, ist der Einsatz innovativer und neuer Technologien möglich. Die Erfahrungen werden ausgewertet und anderen zur Verfügung gestellt.“ Der Bericht soll nun aufzeigen, was die Strategie bis heute erreicht hat und wo noch Handlungsbedarf besteht.

Postulat Christian Wasserfallen: Wirtschaftliches Potential von Open Source Software in der Schweiz

Sowohl die Nutzung als auch die Entwicklung von Open Source Software (OSS) schaffen ein beachtliches wirtschaftliches Potential. Der Bundesrat soll in einem Bericht dazu folgende Fragen beantworten:

  1. Wie wird in der Schweiz verglichen mit dem Ausland OSS entwickelt und eingesetzt?
  2. Wie hoch sind die gesamtwirtschaftlichen Einsparungen in der Schweiz, die bereits heute durch die Nutzung von OSS bei Behörden, in der Bildung und Forschung, in der Wirtschaft, in der Bevölkerung etc. erzielt werden?
  3. Welches Einsparungspotential in der Informatik könnte in Zukunft mittels noch besserem Einsatz von OSS genutzt werden?
  4. Welches volkswirtschaftliche Potential bezüglich Innovation, lokaler Wertschöpfung etc. erbringen bereits heute Schweizer OSS Dienstleister?
  5. Welches ökonomische Potential könnten Anbieter von Dienstleistungen rund um OSS noch zusätzlich realisieren?
  6. Welche Rahmenbedingungen und Fördermassnahmen von Seiten Bund könnten die Erschliessung des Potentials von OSS unterstützen?

Bereits 2006 haben Ökonomen dargelegt, dass Unternehmen und Behörden in Europa rund 36% ihrer IT-Kosten mittels Einsatz von OSS schon heute einsparen (Gosh et al. 2006). Eine neuere wissenschaftliche Studie (Daffara 2012) zeigt auf, dass alleine die Länder in Europa jährlich rund 114 Mrd. Euro durch die Nutzung von Open Source Software sparen. Der gesamte Beitrag von OSS an die europäische Wirtschaft wird auf zusätzlich rund 342 Mrd. Euro geschätzt. Diese ökonomischen Studien deuten an, dass ein enormes wirtschaftliches Potential in der Entwicklung und Nutzung von OSS liegen. In der Schweiz ist dieser Einfluss bisher noch nicht untersucht worden. Der zu erarbeitende Bericht des Bundesrats soll die Situation in der Schweiz darlegen, die gesamtwirtschaftlichen Aspekte von OSS aufzeigen und Handlungsmöglichkeiten durch den Bund erläutern.

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