Foto Min Li Marti

Themen: E-Collecting, E-ID, Wahlen


Technologie kann bekanntlich nicht jedes Problem lösen, schreibt Nationalrätin Min Li Marti, aber nach dem „Unterschriften-Bschiss“ könnte sie einen Beitrag zu mehr Vertrauen leisten

 

Die Journalisten Thomas Knellwolf und Markus Häfliger lieferten im ‚Tages-Anzeiger‚ eine der grössten Politgeschichten des Jahres. Sie deckten auf, dass einige der Firmen, die professionelles Unterschriftensammeln für Initiativen und Referenden anbieten, mit ziemlich mafiösen Methoden arbeiten. Und dass dabei ein Teil der von ihnen gelieferten Unterschriften gefälscht wurden.

Dies hat zu Aufregung und einer Flut von Vorstössen im Parlament geführt. Aber die Mehrheit von Parlament, Bundeskanzlei und Bundesrat zögert noch mit einem konkreten Verbot von bezahltem Sammeln. Tatsächlich ist dieses bezahlte Unterschriftensammeln weit verbreitet, denn das Sammeln der genügenden, gültigen Unterschriften ist nicht ganz trivial. Es braucht einen grossen organisatorischen und / oder finanziellen Aufwand. Es gab daher in den letzten Jahren etliche Initiativen, die auf die Dienste von professionellen Sammlerinnen und Sammler zurückgriffen. Davon sind nicht alle unseriös und auch nicht alle gelieferten Unterschriften gefälscht, die Geschichte hinterlässt aber ein ungutes Gefühl.

 

Eine Frage des Vertrauens

Nicht so schlimm ist es, wenn die eine oder andere Initiative zustande gekommen ist, die vielleicht an ein paar tausend Unterschriften gescheitert wäre. Denn sie kann an der Urne immer noch abgelehnt werden, und das ist auch das wahrscheinlichste Schicksal der meisten Initiativen. Schwieriger ist, wenn Menschen eine Initiative unter falschen Voraussetzungen unterschrieben haben. Wenn ihnen – auch das ein echtes Beispiel – vorgegaukelt wurde, sie unterschrieben für mehr Vaterschaftsurlaub, aber in Wirklichkeit unterschrieben sie das Referendum gegen den Vaterschaftsurlaub.

Ich habe in meiner politischen Laufbahn schon genügend Unterschriften gesammelt, dass ich nicht bei jeder Unterschrift die Hand ins Feuer legen würde, ob die Person dann bei der Abstimmung auch das unterstützt, was sie soeben unterschrieben hat. Aber das ist letztlich egal, denn die Person hat das Recht, sich ihre Meinung und ihren Willen zu bilden und diesen kundzutun, ohne dass dieser verfälscht wird. Das zweite: Laufende Unterschriftensammlungen bekunden, wie man hört, im Moment grosse Mühe, Menschen zum Unterschreiben zu bewegen, weil die Leute nun gegenüber den Sammelnden – auch freiwilligen – grundsätzlich misstrauisch geworden sind.

 

Der Beitrag von Technologie

Nun kann Technologie bekanntlich nicht jedes Problem lösen, doch hier könnte die Digitalisierung vielleicht tatsächlich einen Beitrag leisten. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Fraktionen haben in der letzten Session gleichlautende Vorstösse eingereicht, um einen Pilotbetrieb für E-Collecting zu ermöglichen. Eingereicht haben diesen Gerhard Andrey (Grüne), Beat Flach (GLP), Marcel Dobler (FDP), Dominik Blunschy (Mitte), Nik Gugger (EVP) und ich im Nationalrat, sowie Mathias Michel im Ständerat. Diese Motionen sind auch aus Diskussionen in der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit (Parldigi) entstanden.

Als technische Grundlage für den Pilotversuch soll die E-ID-Vertrauensinfrastruktur dienen. Der Pilotversuch soll auch so eingegrenzt sein, dass er keine politische Verzerrung ermöglichen könnte. Dabei erhoffen wir uns, dass es künftig sicherer und einfacher ist, die Willensbekundung zu verifizieren. Es gibt beim E-Collecting noch einige potenzielle Pferdefüsse. Aber genau deshalb braucht es entsprechende Tests. Trotz gewissen Widerständen aus der Verwaltung sind wir guten Mutes, dass die Pilotversuche bald aufgegleist werden – damit unsere Demokratie sowohl sicherer als auch innovativer wird.

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