Künstliche Intelligenz und Auswirkungen auf das Urheberrecht
Dieser Antrag wurde eingereicht von:
Min Li Marti
Nationalrätin
Eingereicht am: 14.03.2024
14.03.2024 - 24.3235
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Erledigt
Die Fortschritte der künstlichen Intelligenz, insbesondere im Bereich der generativen KI, entwickeln sich rasant. Dabei stellen sich eine Reihe von Fragen, inwiefern allfälliger Regulierungsbedarf besteht und ob dieser durch bestehendes Recht abgedeckt wird oder es dazu Anpassung bedarf. Der Bundesrat hat angekündigt, dass bis Ende 2024 Regulierungsansätze geprüft werden. Zum Training generativer KIs werden grosse Mengen von Materialien wie Texte, Bilder, Illustrationen, Musikstücke oder weiteres verwendet. Diese Werke sind zu einem Teil urheberrechtlich geschützt. Der Bundesrat schreibt in der Antwort auf die Interpellation 23.3583 dass es «Gegenstand intensiver Diskussionen» sei, ob die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke zu Trainingszwecken eine urheberrechtlich relevante Nutzung darstellt. Er verweist dabei auf die Vernehmlassung zum Leistungsschutzrecht, in der auch die Frage aufgeworfen wurde, ob die Frage der KI-Anwendungen in das Gesetzesprojekt einfliessen sollen. Ich bitte in diesem Zusammenhang den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Hat die Vernehmlassung ergeben, dass Handlungsbedarf bezüglich Trainingsdaten im Urheberrecht besteht?
- Die Urheberrechtsfrage betrifft nicht nur journalistische Werke, sondern auch viele andere Werke wie beispielsweise Fotografien, Illustrationen, Musikstücke oder andere kreative Werke. Zum Beispiel ist es möglich, Bilder explizit im Stil einer illustrierenden Person generieren zu lassen und diese dann zu verwenden. Inwiefern wird bei einer allfälligen Urheberrechtsrevision auch auf diese anderen Werkformen eingegangen?
- Ist der Bundesrat in Kontakt mit anderen betroffenen Verbänden und Branchen?
- Ist die Frage des Urheberrechts Teil der Auslegeordnung zum Regulierungsbedarf? Wenn nein, warum nicht?
- In verschiedenen Ländern finden zu dieser Frage Gerichtsverfahren statt, oder sind bereits Urteile gefällt worden. Zudem sind auch diverse Regulierungsbegehren offen. Wie beurteilt der Bundesrat das internationale Umfeld in dieser Frage.
Stellungnahme des Bundesrates vom 15.05.2024
1. Die Vernehmlassung zum Leistungsschutzrecht für Medien ist beendet und die eingegangenen Stellungnahmen werden aktuell ausgewertet. Das EJPD wird die Ergebnisse der Vernehmlassung voraussichtlich Mitte dieses Jahres dem Bundesrat zur Kenntnis bringen. Der Ergebnisbericht wird anschliessend veröffentlicht. Der Bundesrat wird dann auch über das weitere Vorgehen entscheiden. Der Bundesrat kann dem Ergebnis der Vernehmlassung deshalb nicht vorgreifen.
2. In der Vernehmlassung zum Leistungsschutzrecht für Medien wurden verschiedene Fragen zu künstlicher Intelligenz (KI) gestellt, zu denen sich die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und Vernehmlassungsteilnehmer äussern konnten. Inwiefern bei einer allfälligen Urheberrechtsrevision auch auf andere Werke, als solche journalistischer Art, eingegangen werden soll, ist damit ebenfalls Teil des Vernehmlassungsberichts.
3. Der Bundesrat hat das UVEK (Bundesamt für Kommunikation) und das EDA (Abteilung Europa) beauftragt, bis Ende 2024 eine Auslegeordnung zu einer allfälligen Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der Schweiz zu erarbeiten. Dieser Bericht wird das bestehende Schweizer Recht analysieren und mögliche Regulierungsansätze für die Schweiz aufzeigen, die mit der KI-Verordnung der EU («AI Act») und der KI-Konvention des Europarats kompatibel sind. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden publiziert und dienen dem Bundesrat als Entscheidgrundlage für das weitere Vorgehen. Der Austausch mit der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft findet im Rahmen der Plateforme tripartite statt, die allen interessierten Kreisen offensteht. Verschiedene Branchenverbände der Kreativen und der Rechteinhaber nehmen an diesem Austausch teil und bringen ihre Position in die Diskussion ein.
4. Das Urheberrecht ist Teil der unter Ziff. 3 beschriebenen Auslegeordnung.
5. Auf internationaler (und nationaler) Ebene stellen sich im Bereich des Urheberrechtes grundsätzlich drei Fragen: Erstens, ob das Training von KI-Anwendungen mit geschützten Werken ein urheberrechtlich relevanter Vorgang ist. Zweitens, ob die von einer KI geschaffenen Ergebnisse rechtlich geschützt sind. Drittens, ob der allfällige Schutz solcher Ergebnisse im Urheberrecht platziert werden soll. Diverse Diskussionen und Gerichtsverfahren zu diesen Fragen sind noch im Gange. Über die Antworten besteht auf internationaler Ebene kein Konsens. Der Bundesrat verfolgt die Entwicklungen auf internationaler Ebene intensiv.