Wie kann die Nachhaltigkeit bei KI gefördert werden?
Dieser Antrag wurde eingereicht von:
Min Li Marti
Nationalrätin
Eingereicht am: 13.06.2024
14.06.2024 - 24.3663
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Erledigt
Automatisierte Entscheidungsprozesse aufgrund von algorithmischen Prozessen oder prädiktiven statistischen Modelle erhalten unter dem Begriff “künstliche Intelligenz” (KI) vermehrte Aufmerksamkeit. Es gibt dabei aber einen grossen Bedarf an Grundlagenforschung, um das Potenzial der künstlichen Intelligenz besser einzuschätzen, sowie die möglichen Risiken zu minimieren.
Anwendungen künstlicher Intelligenz bieten potenziell ein grosses Potenzial dafür, zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, wobei bislang insbesondere Anwendungen im Bereich der Erhöhung von Ressourcen- und Energieeffizienz existieren. Dies ist umso wichtiger, als dass viele KI-Anwendungen und die Bereitstellung von Modellen aufgrund von hohem Energieverbrauch und induzierter Nachfrage nach ressourcenintensiven Dienstleistungen überhaupt nicht nachhaltig sind. In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:
- Wie beurteilt der Bundesrat das Potenzial von KI-Anwendungen für die Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030?
- Wo sieht der Bundesrat Risiken in der Adoption von KI-Anwendungen für die Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030?
- Über welche Gesetzgebungen oder zusätzliche Anreize könnte die Förderung von nachhaltigen KI-Anwendungen, die eine nachweisbare Netto-Reduktion des Verbrauchs natürlicher Ressourcen mit sich bringen, vorangetrieben werden?
- Ist es denkbar, dass der Bund mit einem Förderprogramm solche Anwendungen begünstigen könnte?
- Wird im Bereich der Grundlagenforschung und der Innovationsförderung dem Faktor Nachhaltigkeit bei der Künstlichen Intelligenz genügend Aufmerksamkeit geschenkt? Werden entwickelte KI-Anwendungen auf Nachhaltigkeitsaspekte evaluiert? Wenn Nein, wie könnte dies verbessert werden?
- Wäre es denkbar in einem Nationalen Forschungsprogramm die Thematik KI und Nachhaltigkeit anzugehen, zumal die Frage der Nachhaltigkeit kein essentieller Teil des NFP «Digitale Transformation» ist?
- Wie kann der teilweise grosse Energie- und Ressourcenverbrauch von KI-Anwendungen und deren Bereitstellung sinnvoll kompensiert, überwacht und reduziert werden?
Stellungnahme des Bundesrates vom 21.08.2024
Dem Bundesrat ist bewusst, dass KI-Anwendungen mit einem hohen Ressourcenverbrauch einhergehen. Gleichzeitig ist KI im Rahmen neu entstehender Technologien eine Hebeltechnologie bei der Effizienzsteigerung, die positive Auswirkungen auf Nachhaltigkeit hat und grosses Einsparpotenzial bei Energie- und Ressourcenverbrauch bietet. Diese Ambivalenz ist für alle Nachhaltigkeitsaspekte zu beachten.
Zu Frage 1: KI bietet in allen Schwerpunktthemen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (SNE 2030) das Potenzial, nachhaltige Entwicklung zu fördern. In den Schwerpunktthemen «Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion» sowie «Klima, Energie und Biodiversität» können sich beispielsweise in der Verbesserung der Datengrundlagen, Effizienzsteigerung, Bedarfsprognose, Abfallvermeidung, Verbesserung der Kreislauffähigkeit von Produkten oder dem Monitoring von Ökosystemen Möglichkeiten bieten. In den Bereichen Mobilität und Energie könnte die Entwicklung von intelligenten Verwaltungszentralen oder auf das Nutzerverhalten fokussierten Anwendungen den Verbrauch von Ressourcen optimieren und die Auswirkungen auf das Klima verringern.
Zu Frage 2: KI-Anwendungen bieten Herausforderungen im Schwerpunktthema der SNE 2030 «Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt». Diese liegen u.a. in der möglichen Verstärkung bestehender Ungleichheiten, der mangelnden Berücksichtigung der Menschenrechte bei der Entwicklung und Nutzung von KI-Anwendungen sowie in intransparenten Entscheidungsprozessen. Auch dürfte die zunehmende Durchdringung von KI in der Arbeitswelt Tätigkeiten vieler Erwerbstätiger verändern, wie dies bisherige technologische Entwicklungen getan haben. Die Anpassungsfähigkeit der Erwerbstätigen wird ein zentraler Erfolgsfaktor bleiben.
Zu Frage 3: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Anreize für Nachhaltigkeit im Bereich KI zu setzen. So könnten z.B. die Aufwände bei der Beschaffung und Aufbereitung von Daten minimiert werden, die für das Training von KI-Modellen notwendig sind und viel Ressourcen kosten. Hierzu könnten die derzeit im Bund gestarteten Initiativen zum Aufbau von Datenräumen (bspw. in den Bereichen Mobilität und Energie) eine Grundlage bieten. Hinsichtlich Daten und Dateninfrastrukturen im Zusammenhang mit Energieressourcen wurden auch bereits vom Bundesamt für Energie in der Studie vom April 2021 «Rechenzentren in der Schweiz – Stromverbrauch und Effizienzpotenzial» verschiedene Effizienzmassnahmen untersucht (bspw. freiwillige Effizienz-Label). Aktuell ist noch nicht ersichtlich, welche Auswirkungen KI auf den Energieverbrauch hat oder welche Massnahmen ergriffen werden können.
Zu Frage 4: Die Förderinstrumente des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und der Innosuisse sowie die Ressortforschung des Bundes können prinzipiell genutzt werden, um solche Themen zu adressieren. Die Förderorgane können auch themenspezifische Ausschreibungen vornehmen. So lautet das Thema der aktuellen Ausschreibung 2024 der Flagship Initiative der Innosuisse «Künstliche Intelligenz in Life Sciences mit Schwerpunkt auf die menschliche Gesundheit». In der themenoffenen Projektförderung obliegt es den Akteuren, entsprechende Themen oder Projekte vorzuschlagen.
Zu Frage 5: In der Forschung und Innovation werden Fragen des nachhaltigen Energieverbrauchs von KI-Anwendungen adressiert. So hat das ETH AI-Center der ETH Zürich dieses Thema zu einem seiner Schwerpunkte gemacht. In der von der ETH Zürich und EPFL Lausanne geleitete Swiss AI Initiative wird Nachhaltigkeit ebenfalls thematisiert. Auch Forschungseinrichtungen nationaler Bedeutung wie das Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) befassen sich mit dem Nachhaltigkeitsaspekt von KI, z.B. in einem BRIDGE-Projekt zum Energieverbrauch von KI im Kontext des Internet der Dinge (IoT). Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat der Cyber-Defence Campus von armasuisse mit der Universität Zürich eine Bewertungsplattform für KI-Modelle entwickelt, bei der Nachhaltigkeit ein Bewertungskriterium darstellt.
In der Innovationsförderung hat Innosuisse den gesetzlichen Auftrag, Innovationsprojekte in sämtlichen Disziplinen zu fördern, die an Hochschulen gelehrt werden. Die Beitrags-verordnung von Innosuisse führt den Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung ausdrücklich als eines der Beurteilungskriterien für die Zusprache von Projektbeiträgen auf. Darin erfasst ist die wirtschaftliche, ökologische und soziale Dimension der Nachhaltigkeit, wie sie in den Zielen der Agenda 2030 zum Ausdruck kommt. Förderprojekte im Bereich KI müssen diesen Anforderungen genügen.
Zu Frage 6: Bezüglich der Lancierung eines Nationalen Forschungsprogramms (NFP) verweist der Bundesrat auf das etablierte Auswahlverfahren. Für jede Auswahlrunde neuer NFP werden die interessierten Kreise eingeladen, Themenvorschläge einzureichen, die dann in einer Gesamtbeurteilung priorisiert werden. Nach Prüfung der eingegangenen Vorschläge formuliert das SBFI Programmvorschläge, die es dem SNF für eine Machbarkeitsstudie unterbreitet. Der Bundesrat entscheidet gestützt darauf nach Konsultation der Ressortforschungsämter über die Lancierung neuer NFP.
Zu Frage 7: Zurzeit besteht noch kein vollständiger Überblick zum Einsatz von KI-Anwendungen in der Schweiz. Für den Energiesektor laufen im Rahmen einer Beantwortung des Postulats 23.3957 UREK-N («Künstliche Intelligenz und Versorgungssicherheit. Analyse der rechtlichen Grundlagen im Energiebereich») aktuell Arbeiten, welche Aufschlüsse zu KI- Anwendungen und deren Verbreitung in der Schweizer Energiewirtschaft geben werden. Erst nach Vorliegen dieser Analyse könnten Massnahmen in Betracht gezogen werden.